Wir haben beschlossen einen Tag in Puerto de Blanes auszuharren, bis der Wind wieder abflaut. Wir schlafen aus, gehen Einkaufen und erkunden die Stadt.
Ich telefoniere mit Port la Nouvelle um den Termin für das Legen des Mastes zu vereinbaren. Nach einigem hin und her stellt sich heraus, dass das dort gar nicht geht, obwohl ich vor einigen Wochen noch eine andere Info bekommen habe. Ich werde auf Port Gruissan verwiesen, was 6 Meilen weiter liegt. Unschön aber machbar. In Port Gruissan habe ich eine nette Französin am Telefon, Sylvie, die Deutsch spricht und für mich einen Krantermin am Samstag organisiert.
Am 20.4. um 12 Uhr legen wir ab. Nur noch 5 Beaufort, aber leider aus der Richtung, in die wir wollen. Kreuzen ist angesagt. Wir haben im Gross das 2. Reff und die Fock ebenfalls ein Stück eingerollt. Trinity schlägt sich wacker und stürmt mit bis zu 10 Knoten durch die Wellen. Es wird feucht im Cockpit. Schnell das Ölzeug angzogen. Der Autopilot hält auch bei diesen Bedinungen zuverlässig den Kurs. Eine enorme Erleichterung!
Nach der ersten Wende macht sich Ernüchterung breit. Ein Wendewinkel von 120 Grad ist nicht toll. Mal sehen wie weit wir so kommen. Der Wind soll im Laufe des Tages weiter abnehmen. Dann klappt es mit der Höhe am Wind hoffentlich auch wieder.
Anna läßt sich davon nicht beirren und macht sich ein paar Avocadoschnittchen.
2. Wende: wir sind an Loret de Mar vorbei. 3.Wende, 4. Wende, wir kämpfen uns weiter nach Osten.
5. Wende: wir sind wieder auf Höhe Sant Feliu. Es ist mittlerweile kurz nach 4 Uhr. Irgendwie bewegt sich Trinity plötzlich so schwerfällig. Der Bug des Leeschwimmers taucht in jeder Welle komplett weg. Und das Heck fühlt sich so hoch an. Dabei hat der Wind doch eigentlich abgenommen! Wasser im Vorschiff? Seeventile undicht? Ich hechte nach vorne und schaue unter die Voschiffskoje. Alles trocken.
Was nun? Ich robbe auf das Leetrampolin, um mir den Schwimmer genauer anzusehen und traue meinen Augen kaum. Da wo sich sonst der Inspektionsdeckel für die vordere Schwimmerkammer befindet, gähnt ein großes rundes Loch. Kein Deckel mehr und auch kein Rahmen. Alles weggerissen inklusive der Schrauben. Wie kann das sein?
Was tun? Ich überlege fieberhaft. Leck abdichten? Womit? Zukleben? Unmöglich, das Loch ist permantent überflutet. Die vordere Schwimmerkammer komplett gefüllt.
Muß ich Mayday rufen? Die vordere Kammer ist doch abgeschottet. Eigentlich kann es doch nicht mehr schlimmer werden. Weitersegeln geht nicht, aber Sant Feliu ist ca 6 SM entfernt und in 1,5 Stunden erreichbar.
Wir nehmen die Segel weg und machen den Motor an, um den Druck vom Leeschwimmer zu nehmen. Man muß es ja nicht übertreiben. Dummerweise ist unser Heck durch das Wasser im Bug so angehoben, dass der Außenborder in der Welle nicht richtig greift. Nach wenigen Minuten ertönt ein hoher Pfeifton. Überhitzungsalarm. Ich mache den Motor aus. Ein Unglück kommt selten allein. Das kann doch alles gar nicht wahr sein.
Wir treiben ab. So erreichen wir Sant Feliu nie. Fock raus, mal sehen ob wir so den Kurs halten können. Es reicht! Wir können mit gereffter Fock und ca 3.5 Knoten Fahrt unseren Nothafen anlaufen.
Bange 1,5 Stunden halten wir so durch und starren auf unseren undichten Schwimmer. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er langsam immer weiter eintaucht. Ich rufe Sant Feliu Harbour auf Kanal 9 an um auf unsere Situationaufmerksam zu machen und um Schlepphilfe zu bitten. Keine Antwort. Auch das noch.
Kurz vorm Hafen schläft der Wind weiter ein. Wir kommen kaum noch vorwärts und ich bin mir sicher, dass der Schwimmer immer tiefer im Wasser liegt. Sch…egal, Motor an auch wenn er heiß wird! Bis die Überhitzungswarnung aufjault haben wir zumindest das ruhige Wasser hinter der Mole erreich, so daß der Schwimmer nicht weiter überspült wird. Ich versuche nochmal die Marineros im Hafen anzufunken. Keine Reaktion. Diesesmal werde ich mich beschweren. (Später erfahre ich, dass er nicht reagiert hat, weil ich Englisch gesprochen habe!!!)
Trinity ist mit der Wasserlast bei dem schwachen Wind nur unter Fock nicht zu manövrieren. Auf der äußersten Pier ist ein Motorbootskipper!! Wir rufen und winken um Hilfe. Er bemerkt uns. Ich starte den Motor noch einmal um uns den notwendigen Impuls zu geben, damit wir unserem Helfer die Leine übergeben können. Im zweiten Anlauf klappt es und wir sind fest.
Nun kommt auch der Marinero vorbei und will wissen was wir hier treiben. Als er das Dilemma erkennt, schaut er leicht bedröppelt und geht sein Schlauchboot holen, um uns abzuschleppen. Der Motorbootskipper ist eine große Hilfe. Er ist Dauerlieger hier und kennt sich aus. Er spricht Spanisch, Catalan, Englisch, Deutsch und als Belgier auch Französisch und Flämisch. Wir werden in die Box neben seiner geschleppt.
Bestandsaufnahme: Meine Vermutung stimmt. Irgendwie sind auch die anderen Bereiche des Schwimmers vollgelaufen, allerding nur sehr langsam. Werde bei nächster Gelegenheit in der Werft anrufen, um nachzufragen, ob das so richtig ist. Der Marinero kommt mit einer großen Tauchpumpe, die leider nicht durch die Inspektionsluke passt. Über das Staufach können wir zumindest einen Teil des Wassers auspumpen. Der Motorbootskipper hat eine Handpumpe. Mit der pumpt Anna am folgenden Tag mühsam das restliche Wasser aus dem Rumpf.
Das Kühlsystem des Aussenborders funktioniert nicht mehr, was nach kurzer Laufzeit die Überhitzungswarnung auslöst. Wahrscheinlich muß der Impeller gewechselt werden. Hoffe der Motor hat sonst nichts abbekommen.
Der Motorbootskipper kommt mit einem Katalog für Marinebedarf, in dem ich einen passenden Inspektionsdeckel finde. Er verspricht mir, gleich am nächsten Morgen im Depot anzurufen und das Teil zu bestellen, so dass es nachmittags da ist.
Am nächsten Morgen lerne ich am Empfang der Marina Claudia kennen. Sie spricht Deutsch und hilft mir einen Servicetechniker zu finden, der auch nach einer halben Stunde da ist, um sich den Motor anzusehen. Es ist wohl wirklich der Impeller. Er montiert den unteren Teil des Außenborders ab und verspricht mir, dass er bis zum Abend einen neuen Impeller eingebaut hat und der Motor wieder läuft.
Mal sehen ob das wirklich alles so klappt.