Canal de la Robine

Der Wecker klingelt unerbittlich. Warum macht dieses Handy in aller Hergottsfrüh so einen Lärm. Es ist 8:00 Uhr.

Langsam dämmert’s wieder. Wir wollten um 9:00 los. Der Wetterbericht hatte 4 Windstärken vorhergesagt auf 5 zunehmend bis Mittag. Eigentlich haben wir keine Lust, die Strecke über’s offene Meer nach Port la Nouvelle, wo der Kanal beginnt, bei viel Wind und Welle zurückzulegen. Irgendwie fühlen sich alle etwas flau. Woran das wohl liegt? Richtig Hunger hat auch keiner. Also Kaffee aufgesetzt und dann Leinen los. Frühstücken in Port la Novelle.

Als wir das Hafenbecken verlassen, kommt uns eine Seenotrettungskreuzer entgegen. Wie grüssen freundlich. Die Seenotretter grüssen zurück, blicken aber etwas skeptisch. Einer deutet mit der Hand Wellenbewegungen an und zeigt aufs Meer. Ein mulmiges Gefühl stellt sich ein. Als wir uns der Mole nähern wird klar was gemeint war. Gischt sprüht über den Molenkopf. Na prima. Genau das, was wir vermeiden wollten. Zum Glück weht der Wind in unsere Richtung. Trotzdem fixieren wir den Mast nochmal mit einem dicken Festmacher, damit er sich bei Stampfbewegungen nicht verselbständigt.

Draussen hat es 0,5 bis 1m Welle von schräg achtern. Der Wind weht auflandig, aber solange der Motor durchhält, eigentlich kein Problem. Trinity nimmt die Wellen mit dem Steuerbordschwimmer und sie laufen problemlos unter uns durch – bis auf ein paar Ausnahmen.

Kurz vor Cap Leucate sehen wir, warum die Seenotretter draussen waren. Ein Rettungsschiff ist dabei, einen Segler vom Strand freizuschleppen. Scheint schwierig zu sein. Ob der einen Motorschaden hatte? Schnell weiter und am Kap vorbei.

Wir haben schon auf der Anfahrt zu Port Leucate festgestellt, dass hier bis zu einer Seemeile vor der Küste jede Menge Stellnetzte ausgelegt sind. Jetzt nur nicht eines dieser Dinger in die Schraube bekommen. Wir halten aufmerksam Ausschau. Die Netze sind mit Bojen und Fähnchen gekennzeichnet, die aus einem netzartigen Stoff bestehen. Kaum zu sehen diese Dinger. Gut dass 6 Augen Ausschau halten.

Gegen 11:30 laufen wir in Port la Nouvelle ein. Ein langer Schlauch mit Steganlagen für die Großschiffahrt, Kränen, Lagerhäusern und Öltanks. Ganz am Ende befinden sich Schwimmstege für Sportboote. Wir beschließen dort anzulegen, um erstmal zu frühstücken und dann die Schwimmer einzuklappen, um Trinity kanalfertig zu machen. Der Wind treibt uns mächtig ab, aber im zweiten Anlauf klappt das Anlegemanöver. In der Nähe befindet sich eine Boulangerie und Lutz kommt wenig später mite einer Tüte voll frischer Croissants und anderem französischem Backwerk wieder an Bord. Lecker!

Nach unserem Brunch wollen wir es zunächst mit nur einem eingeklappten Schwimmer versuchen, aber bei der Einfahrt in den Kanal wird schnell klar, dass wir damit immer noch zu breit sind. Ein bisschen Kopfrechnen hätte uns das auch vorher klar gemacht aber dazu steckte uns allen wohl noch die vorherige Nacht zu sehr in den Knochen. Also schnell den zweiten Schwimmer eingeklappt. Dabei sind wir erstmal mit unserem Ruder im Schlick am Kanalufer steckengeblieben. In den folgenden Tagen sollten wir noch häufiger feststellen, dass wir mit unserem 1,20 m tiefen Ruder Furchen in den Kanalschlick ziehen, Wasserpflanzen und Gestrüp einsammeln und an unbekannten Dingen hängenbleiben. Die Auflaufsicherung, die dafür sorgt, dass das Ruder bei Grundberührung hochklappt hat mehrfach nachgewiesen, dass sie perfekt funktioniert.

Nach wenigen Kilometern kommt die erste Schleuse. Aha, und wie funktioniert das jetzt? Christoph unser Schleusenmann probiert die Knöpfe der Automatik. Leider erwischt er die falschen. Das bergseitige Tor geht auf und nicht das auf unserer Seite. Dann passiert erstmal nichts. Dumm gelaufen. Wir sind schnell von einer Horde Touristen umringt, die alle helfen wollen aber auch keine Ahnung haben. Schließlich drückt einer den Notrufknopf und siehe da eine Stimme meldet sich auf französisch. Der hilfreiche Passant erklärt, dass hier ein paar Deutsche die Schleuse benutzen wollen aber nichts geht. Die Stimme am anderen Ende verspricht in 30 Min da zu sein. Also warten. Nach 20 Min tut sich plötzlich was. Die bergseitigen Tore gehen zu, der Wasserspiegel fällt und die Tore auf unserer Seite gehen auf. Magic! Super, wir fahren in die Schleusenkammer ein.

In dem Augenblick fährt der Schleusenwärter elegant mit seinem weissen VNF-Dienstwagen vor. Wir erklären mit Englisch und Händen und Füßen, dass plötzlich alles wieder funktioniert. Achselzucken, ja manchmal passiert das. Der Mann schaut noch zu, wie wir unseren ersten Schleusenvorgang beenden. Und fährt dann wieder.

Wir folgen jetzt einige Kilometer dem Kanal, der hier an einer Seite von der Bahnlinie und auf der anderen Seite von dem Etang de Gruissan, einem der Flachwassergebiete an der Küste und Salinen gesäumt wird. Nach 20 km erreichen wir Narbonne, eine altes südfranzösischen Städtchen, wo wir einige enge Durchfahrten unter Brücken und Häusern sowie weitere Schleusen zu bewältigen haben. Leider haben wir unser Tagesetmal noch nicht ganz erreicht. Nach weiteren 6 Schleusen und 10 km sind wir in Salleles d’Aude. Das Städchen bietet Anlegestellen mit Wasseranschluß, Einkaufsmöglichkeiten und eine Pizzeria. Hier bleiben wir. Außerdem ist es kurz vor 19:00 Uhr und die Schleusen machen sowiso Feierabend.  Den Wasseranschluss nutzen wir nach dem verdienten Anlegerbier für eine ausgiebige Bootswäsche und anschließend dazu unsere Wassertanks wieder aufzufüllen.

Nach dem Besuch der Pizzeria (mittelmäßig) haben wir den Abend an Bord mit unsern spanischen Weinvorräten und mitgebrachten Musikkonserven ausklingen lassen.

Zurückgelegte Strecke: 8 Seemeilen bis Port La Nouvelle, 34 km Kanal und 8 Schleusen.

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